Archiv-Thema im Forum Schule + Erziehung
"Besondere" Schulen u. was ist besser/anders als auf Regelschulen?
Hallo zusammen,
wir wohnen dicht an der dänischen Grenze und unsere Tochter besucht eine dänische Schule.
Die dänischen Schulen hier sind Schulen der dänischen Minderheit in Schleswig Holstein – KEINE Sprachenschulen. Die Schulen werden vom dänischen Schulverein betrieben und auch vom dänischen Staat finanziert. „Einfach so“ kann und sollte man seine Kinder also nicht in die dänischen Einrichtungen schicken.
Im Moment gibt es einen ziemlichen „Run“ auf die dänischen Einrichtungen, weil in Schleswig gerade eine total moderne Schule (Gesamtschule mit gymn. Oberstufe) gebaut wird. Die Wartelisten in den Kindergärten sind schon jetzt irre lang und wenn die Leitung den Eindruck hat, dass sich die Eltern nicht hinter die dänische Kultur und die Sprache stellen wollen, wird auch schon einmal eine Ablehnung ausgesprochen.
Sofern man keine dänischen Wurzeln hat, sollte man sich zumindest zur dänischen Kultur bekennen – und natürlich die Sprache können bzw. bereit sein, diese zu lernen. Ansonsten tut man weder dem Kind noch sich selbst einen Gefallen, denn sowohl im Kindergarten als auch in der Schule wird der ganze Schriftverkehr auf dänisch abgewickelt und auch auf den Elternabenden wird dänisch gesprochen. Mit der Anmeldung im Kiga muss man unterschreiben, dass mindestens ein Elternteil dänisch kann, wenn das Kind eingeschult wird.
Wie „eng“ das gesehen wird, ist unterschiedlich. Einige Lehrer sprechen bereitwillig deutsch, andere „pieken“ schon mal (was denn – immer noch kein Gespräch auf dänisch möglich????). Viele sprechen dänisch und akzeptieren, wenn die Eltern auf deutsch antworten.
Auch unter den Eltern ist die Haltung unterschiedlich. Mir wurde erzählt, dass dänische Eltern bei einem Elternabend sehr gereizt reagierten als jemand nach einer Übersetzung fragte. Frei nach dem Motto: Pech gehabt – wenn du nicht dänisch kannst, dann schick dein Kind auch nicht auf eine dänische Schule. Aber das sind bestimmt Einzelfälle; ich selbst hab das noch nicht erlebt.
Die Schule ist eine Gesamtschule; zwar dänisch , aber natürlich an das deutsche Schulgesetz gebunden. Die Anforderungen/Prüfungsvorgaben sind also gleich. Was viele Leute Lügen straft, die meinen, die dänischen Schulen seien Auffangbecken für auffällige und lernschwache Kinder, die woanders nie einen Abschluss schaffen würden. DAS mag vielleicht auch stimmen – aber nicht, weil es dort einfacher ist, sondern weil die Pädagogen ganz anders mit den Kindern umgehen und diese Kinder gefördert und ihren Möglichkeiten entsprechend gefordert werden!
Unterrichtssprache ist dänisch – bis auf das Schulfach „Deutsch“ wird also alles auf dänisch unterrichtet. Die Kinder und Jugendlichen untereinander sprechen auf dem Schulhof allerdings hauptsächlich deutsch.
Die Atmosphäre auf der Schule ist ziemlich locker. In Dänemark duzt man sich, die Kinder sprechen Lehrer/Schulleitung mit „Du“ und Vornamen an, für die Eltern gilt natürlich das Gleiche. Und das klappt – ohne dass jemand den nötigen Respekt vermissen lässt ;)!
Wir wissen, dass wir in der Schule immer willkommen sind. Nicht nur bei den Lehrern, auch bei der Schulleitung – und wenn’s dringend ist, auch ohne vorherige Terminabsprache! Die Lehrer sind auch per Email zu erreichen. Wenn etwas „brennt“: Kurz schreiben und sie rufen zurück.
Ich finde ja auch das Gesamtschulsystem gut… Sechs Jahre Grundschule – also noch kein „aussortieren“ schon nach der vierten Klasse! Die Schüler sollten so lange wie möglich gemeinsam unterrichtet werden, damit ihnen alle Bildungswege so lange wie möglich offen stehen. Im dänischen Schulsystem gibt es einen wesentlich höheren Prozentsatz an Abiturienten… Der erreichte Schulabschluss ist übrigens ohne Einschränkungen sowohl in DK als auch in D anerkannt.
Außerdem wird Teamwork groß geschrieben. Nicht nur mit-, sondern auch voneinander lernen. Der soziale Aspekt ist ganz wichtig in diesen Schulen. Ich finde auch, es gibt dort lange nicht so viele markenversessene Eltern und Kinder wie auf den deutschen Schulen. Es wird niemand blöd angeguckt, weil er Klamotten anhat die nicht (mehr) „in“ sind, so wie wir es von der Schule hören, auf die unsere Tochter normalerweise gehen würde.
Ach ja: Auf die Idee sind wir gekommen weil wir wahrscheinlich in einigen Jahren aus beruflichen Gründen längere Zeit in Dänemark verbringen werden. Daher haben wir nach Möglichkeiten gesucht, unsere Tochter (und uns!) so früh und gut wie möglich vorzubereiten. Und es hat geklappt – unsere Tochter hat einen Platz im Kindergarten bekommen. Und inzwischen beherrscht sie die Sprache so gut, dass sie sowohl in der Schule als auch bei unseren Aufenthalten in Dänemark keinerlei Probleme hat sich zu verständigen.
So – das war es erst einmal von „unserer“ Schule. Es gibt eigentlich noch viel mehr zu berichten - aber ich wollte nicht den Rahmen sprengen :).
Bin gespannt, auch von anderen alternativen Schulformen zu hören. Man liest ja viel von und über Waldorfschulen, Montessori-Schulen etc. Mich würden z. B. Erfahrungen interessieren, wie die Abschlüsse in der Gesellschaft anerkannt werden. Über Waldorfschüler z. B. wird doch viel gelästert dass sie zwar perfekt ihre Namen tanzen können aber eine „richtige“ Schule nie schaffen würden… Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht? Wie geht ihr mit solchen Aussagen um? Und wie kommen die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen zurecht, wenn sie eine Lehre beginnen oder anfangen zu studieren???
Vielleicht sind einige Dinge hier auch schon an anderer Stelle diskutiert worden – aber ich wollte nicht wieder einen uralten Thread ausgraben…
Viele Grüße an alle
Nordlicht
Eingetragen von Nordlicht am 11.03.2008 um 16:15 Uhr
Hallo Nordlicht.
Vielen Dank für deine interessante Infomation. Ich wusste überhaupt nicht, dass es bei uns dänische Schulen gibt, erst duch dich.
Allerdings dachte ich dann, dass jeder sein Kind dorthin schicken könnte.
Euen Grund kann man seh gut nachvollziehen. Und dass das Abi in beide Länder anerkannt ist, finde ich klasse. Da gibt es ja bei uns schon Schwierigkeiten. Ist schon ein Unterschied einen Abschluss in Bayern, BWB oder Hessen. Warum, wieso, weshalb?
Aber das soll ja durch ein gewünschtes zentrale Abi dann egal sein. Allerdings habe ich das nur vom Abi gehört, von der Mittleren Reife nicht.
Eingetragen von alusru am 11.03.2008 um 20:59 Uhr
Ich glaube, die Schwierigkeiten beziehen sich aber eher, wenn einer studieren will.
Eingetragen von alusru am 11.03.2008 um 21:24 Uhr
Hallo nordlicht,
die Beschreibung der dänischen Schule klingt sehr positiv.
Unsere Bildungspolitiker sollten sich viel mehr an den Ländern orientieren, die es schaffen eine kindgerechte Schule zu bieten.
Eingetragen von Gingha am 12.03.2008 um 08:50 Uhr
Hallo Nordlicht!
Ich kenne eine Waldorfschülerin. Sie war immer sehr glücklich auf ihrer Schule. Das Abi machte sie in der Regelschule. Also konnte es dort absolvieren und dann ganz normal studieren. In Bayern und BW ist das so möglich. Ich kann mich an mein Abi erinnern, lang, lang ist es her, da saßen in einer Ecke des Raumes auch die Waldorfschüler! Montessori: ich glaube hier ist höchstens der Realschulabschluss drin?! Soweit ich weiß, aber auch nicht überall, meist 'nur' Haupschulabschluss. Wobei die Hochbegabtenförderung immer mehr auf Montessori setzt, also wird es wohl über kurz oder lang, da auch möglich sein ein Abi zu machen.
Dies ist die bayrische Sicht, kann in anderen Bundesländern anders sein!
Finde ich sowieso so schlimm, dass es wirklich so große Unterschiede gibt!
Naja, noch ganz liebe Grüße,
Kira
Eingetragen von Kira am 12.03.2008 um 22:28 Uhr
Ich hatte gestern ein Gespräch mit einem Vater dessen Tochter in der 4.Klasse einer Montessorischule ist. Das Mädchen möchte jetzt in eine weiterführende Schule wechseln. Das ist in Bayern aber nur möglich, wenn sie den dreitägigen Probeunterricht mitmacht und besteht :mmm:.
Ist das in anderen Bundesländern auch so geregelt ?
Eingetragen von Gingha am 13.03.2008 um 09:37 Uhr